Sachbuchkolumne November 2012

Der Wolfsmensch Kurt Kotrschal über Hunde und Wölfe – und sich selbst

Fast könnte man den Untertitel als Selbstbezichtigung des Autors deuten. Kurt Kotrschal zählt zweifellos zu den weltweit angesehensten Wolfsforschern mit einer wissenschaftlich exzellenten Vita. Als Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle und als Mitbegründer des Wolfsforschungszentrums im niederösterreichischen Ernstbrunn ist Kotrschal auch über die Grenzen der scientific community hinaus bekannt; 2010 wurde er für sein Vermittlungswerk vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten mit dem Titel „Wissenschaftler des Jahres“ ausgezeichnet. Kotrschal hat also enorm viel zu erzählen. Er tut das ausführlich in einer hierzulande seit Konrad Lorenz gut bekannten Tradition der Verquickung von Reportage-Elementen mit wissenschaftlichen Ergebnissen. Dass trotz der Ausführlichkeit manche analytischen Aspekte des Beziehungsdreiecks zu kurz kommen, mag der Leidenschaft geschuldet sein, mit dem Kotrschal sich seinen Forschungsobjekten widmet. Ein Lesebuch, dem zu wünschen ist, dass es mehr als ein paar junge Menschen zum Zoologiestudium verführt.

„Wolf – Hund – Mensch. Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung“ von Kurt Kotrschal. CBV, 232 Seiten, € 22,50

Für alle Lebenslagen Ein Loblied auf die horizontale Existenz

Das Liegen als Tätigkeit wird ja gemeinhin unterschätzt, ja verhöhnt. Da wäre zuerst der Schlaf, der von leistungsnormierten Hyperaktivisten bestenfalls als Rekreationsphase geduldet wird; alle über den physiologischen Mindestbedarf hinausgehende Ruhezeiten werden da schon als verzichtbares Vergnügen bewertet. Liegen bei vollem Bewusstsein  wird dementsprechend der Logik der Lehrmeister der Mehrleister zufolge überhaupt als selbstsüchtige Kurzweil verurteilt, sieht man von Erkrankungen ab, die den Menschen gegen seinen Willen „ans Bett fesseln“. Es waren also schon immer die querbeet liegenden Geister, die der horizontalen Existenz ihre besondere Qualität zuerkannten. Groucho Marx etwa wusste: „Was man nicht im Bett tun kann, ist es nicht wert, getan zu werden.“ Eine Weisheit, die es wert ist, sich auf ein Ruhekissen sticken zu lassen. Es ist Bernd Brunner zu danken, dass er mit seinem – zweifellos auf der Chaise Lounge verfassten – Buch ein Loblied auf das Liegen anstimmt. Der schmucke, nicht allzu schwere, also damit auch im Bett gut zu lesende Band ermöglicht die Erkundung der horizontalen Lebenslage in historischer, physiologischer und kultureller Hinsicht. Ein lange überfälliges Buch, verbringen wir doch gut ein Drittel unseres Lebens im Liegen.

„Die Kunst des Liegens. Handbuch der horizontalen Lebensform“ von Bernd Brunner, Galiani, 168 Seiten, € 17,50

Der Tanz auf den Vulkanen Bipolarer Bildband über Island*

„Island“ von Heike Ollertz und Edgar Herbst. mare, 156 Seiten, € 59,70

Alltagsfallen und -fälle Analysen einer Gerichtspsychiaterin*

Schuldhaft – Täter und ihre Innenwelten“ von Heidi Kastner. K&S, 174 Seiten, € 22

Sexy Science Busters Wissenschaft für fast alle*

„Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln. Was wir von Tieren über Physik lernen können“ von Martin Puntigam, Werner Gruber und Heinz Oberhummer, Hanser, 296 Seiten, € 20,50

Alternative zur Sauce Tata Österreich kocht auch vegetarisch*

„Österreich vegetarisch“ von Katharina Seiser und Meinrad Neunkirchner, CBV, 272 Seiten, € 34,90

* Besprechungen dieser Titel werden im Lauf des Novembers im Blog freigeschalten.

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