19|11|23: 60 Jahre LiterarMechana

Im Jahr 2017 wurde ich von dem Präsidenten der LiterarMechana, Alexander Potyka, gefragt, ob ich mich der Wahl zur Mitgliederhauptversammlung der LiterarMechana stellen würde. Seitdem übe ich die Funktion als Delegierter der AutorInnenkurie in diesem Gremium aus, das – neben dem Aufsichtsrat – eine Kontrollfunktion gegenüber der Geschäftsführung hat. Die wesentliche Arbeit erledigt die Geschäftsstelle der LiterarMechana unter der umsichtigen und akkuraten Leitung von Sandra Csillag. Nie würde die Geschäftsführerin eine derart vereinfachte Darstellung der Tätigkeiten der LiterarMechana vornehmen, wie ich sie mir hier erlaube: Im letzten Geschäftsjahr (2018) verteilte die LiterarMechana knapp € 50 Millionen Euro, die durch die Erstattung an Rechten für geistige Arbeit erwirtschaftet wurden, an ihre knapp 40.000 Mitglieder. Meine sehr übersichtliche Tätigkeit als Delegierter ist letztlich nichts anderes als Ausdruck der Solidarität zu diesem System der Rechtevergütung für geistige Arbeit.

Anläßlich des 60. Gründungsjubiläums der LiterarMechana wurden AutorInnen jeder Façon um eine Wortspende für ein Brevier gebeten. Die Spenden wurden dann nach einem famosen Festvortrag von Daniel Kehlmann im Lauf eines kurzweiligen Festabends im Wiener Odeon am 13. November 2019 von Ulrike Beimbold und Ruth Brauer-Kvam verlesen. Auch ich lieferte meinen Beitrag ab.

„Auch wenn die Literar-Mechana formal eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, hält sie in ihrer Praxis ein Prinzip hoch, das einen antiquierten Ruf, aber eine hoch aktuelle Bedeutung hat, nämlicher jenes der Genossenschaft. Laut Kluge (1) datiert der zu Grunde liegende ‚Genosse‘ vor das 8. Jahrhundert und stellt ein Soziativbildung zum gemeingermanischen *nauta- dar, was sich mit ‚Vieh, wertvolle Habe‘ übersetzen lässt: ‚Ausgangsbedeutung ist also: ‘der das gleiche Vieh hat, der das Vieh gemeinsam hat’.‘ Die Literar-Mechana lässt sich demzufolge als erfahrene Sennerin deuten, die das Vieh auf der gemeinschaftlichen Alm hütet, es früher vor Wildtieren heute aber vor aufdringlichen TouristInnen schützt, vor allem aber melkt und den Käse zubereitet, insgesamt also das Vermögen der Dorfgemeinschaft vermehrt. Das ist insofern bewundernswert, als es sich bei den Mitgliedern dieser Genossenschaft tendenziell um EigenbrötlerInnen, EremitInnen und ExzentrikerInnen handelt, die an sich kaum unter einen Hut, geschweige den auf eine Alm zu bringen sind. Möge also die Literar-Mechana auch in Zukunft ihre Herde hüten und neue Weiden in den endlosen Weiten des digitalen Raumes erschließen – zum Wohle ihrer Genossinnen und Genossen.“ 

(1) Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23., erweiterte Auflage. Berlin, New York, 1995