Sachbuch-Kolumne Sommer 2011

Universum Magazin, Sommer 2011

Tiger an Deck: Birgit Pelzer-Reith über die frühe Globalisierung der Biologie

Tiere und Pflanzen zählen zu den ältesten Handelsgütern. Das Meer ist in diesem Zusammenhang von zweifacher Bedeutung. Einmal als markante Biotop-Begrenzungen, zum anderen als Transportweg eben zur Überwindung dieser Grenzen. Pflanzen und Tiere gehören also zu den frühesten Objekten einer vom Menschen getriebenen Globalisierung. Davon erzählt Birgit Pelzer-Reith mit ausgesprochen solider Sachkenntnis und schreiberischem Vergnügen. Tiere wie Pflanzen werden seit Jahrtausenden verschifft, und zwar sowohl als Handelsgut wie als Proviant: Die Römer deckten ihren Bedarf an Großkatzen für das Colosseum in Übersee. Seit Beginn der Neuzeit wurden die Distanzen größer. Die Kaffeebohne wurde vom Hochland Äthiopiens in die Karibik verpflanzt. Und dank ausgefeilter Kühltechnik ist heute das Lamm aus Neuseeland selbst im Supermarkt um die Ecke heimisch. Der Autorin ist dafür zu danken, dass sie auf überzeugende Weise die Aufmerksamkeit auf diese globalen Verfügbarkeit lenkt.

„Tiger an Deck“ von Birgit Pelzer-Reith, Mare Verlag, 252 Seiten, Euro 20,50

Entdeckungen auf dem Bisamberg: Verblüffende Erkenntnisse über Wiens verkanntesten Hausberg

Der Bisamberg gilt ja als Stiefkind der Wiener Anhöhen. Das hängt mit seiner transdanubischen Lage zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass er sich deutlich von den Höhenzügen des Wienerwalds unterscheidet. Der Biologe Heinz Wiesbauer hat gemeinsam mit Kollegen dieses kantige Juwel an der Wiener Stadtgrenze im Rahmen eines maßgeblich von EU und Land Niederösterreich gesponserten Projekts in den letzten Jahren erforscht und legt die Erkenntnisse in einem üppigen Band vor. Ziel von Buch und Projekt ist es, die faunistischen und floristischen Besonderheiten des Bisamberges aufzuzeigen und seine bemerkenswerte Artenvielfalt zu dokumentieren. Da der Bisamberg während der vergangenen Jahrhunderte intensiv erforscht wurden, gibt es viele Sammlungsbelege, die einen Vergleich mit der aktuellen Situation ermöglichen. Das nicht nur auf den ersten Blick verblüffende Ergebnis: Der Bisamberg zählt zu den artenreichsten Gebieten Österreichs. Erhältllich ist der Band zum Selbstkostenpreis von Euro 25 bei den Marktgemeinden Langenzersdorf und Bisamberg, im Nationalparkhaus Wien-Lobau und dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung.

„Der Bisamberg und die Alten Schanzen“ von Heinz Wiesbauer et al, Eigenverlag, 389 Seiten, ca. 650 Fotos, Euro 25 (Hg.)

Gefaltete Singvögel: Verlegerische Leidenschaft

Auch im Buchmarkt greift die Konformität um sich, statt Novitäten setzen die Großverlage auf Innovationen. Der Weinviertler Verleger Ulrich Winkler-Hermaden widersetzt sich mit Nachdruck und Nachdrucken bibliophiler Trouvaillen diesem Trend. Der „Schmetterlingsatlas“ und „Die häufigsten vorkommenden einheimischen Singvögel“ sind zwei besonders schöne Beispiele seiner verlegerischen Leidenschaft. 1900 im Original erschienen sind die als Leporellos gestaltete Nachschlagewerke um einiges handlicher als die allermeisten Service-Bände mit eingeschweißter DVD inklusive App zum Download. Und schöner sind die Kollektionen wunderschöner Aquarelle sowieso. Ausdrücklich zum Erwerb empfohlen.

„Singvögel“ und „Schmetterlinge“, Edition Winkler-Hermaden, jeweils 24-seitiges Leporello mit Begleitheft, Euro 14,95

Carnuntum: Die Doppel-DVD zur NÖ Landesausstellung
Die österreichische Animationsschmiede 7reasons verblüfft immer wieder mit ebenso lebensnahen wie wissenschaftliche fundierten archäologischen Darstellungen. Diesen hohen Ansprüchen wird die Doppel DVD voll gerecht.

„Carnuntum“, Doppel-DVD, Euro 24,90

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